Förderung von Nachwuchsautorinnen und -autoren: Jetzt für das „Ludwig-Harig-Stipendium 2026“ bewerben

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Zur Erinnerung an einen großen Autor und in Würdigung des Lebenswerks des saarländischen Schriftstellers Ludwig Harig lobt das Ministerium für Bildung und Kultur (MBK) das Ludwig-Harig-Stipendium als Reise- und Recherchestipendium für Nachwuchsautorinnen und -autoren aus.

Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot: Bereits zum achten Mal beginnt die Ausschreibung unseres Stipendiums, das als eine besondere Hommage an das lebendige Erbe von Ludwig Harig gedacht ist. Inspiriert von seiner unstillbaren Reiselust und der leidenschaftlichen Kunst, Erlebtes in Worte zu gießen, setzen wir uns zum Ziel, mit diesem Stipendium gezielt aufstrebende junge Autorinnen und Autoren zu unterstützen, die noch am Anfang ihres kreativen Weges stehen.”

Das Stipendium ist mit 10.000,00 Euro dotiert und auf zwei Jahre befristet. Ein Anteil in Höhe von 3.000 Euro ist als Publikationszuschuss zu betrachten, der es Autorinnen und Autoren ermöglichen soll, Arbeitsergebnisse zu veröffentlichen.

Um das Stipendium bewerben können sich Nachwuchsautorinnen und -autoren aus der Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass-Wallonie-Rheinland-Pfalz oder Autorinnen und Autoren, die sich thematisch mit dem Saarland oder der Großregion auseinandersetzen. Werke der Kinder- und Jugendliteratur sind ausgeschlossen. Über die Vergabe entscheidet eine vom MBK berufene Jury.

Bewerbungen mit Kurzbiografie und entsprechender Beschreibung des literarischen Projekts samt einer Arbeitsprobe mit einem Umfang zwischen 18.000 und 25.000 Zeichen (mit Leerzeichen) in deutscher Sprache sind bis zum 31. März 2026 zu richten an das Ministerium für Bildung und Kultur, Referat F2, Stichwort „Ludwig-Harig-Stipendium“, Trierer Str. 33, 66111 Saarbrücken oder elektronisch via E-Mail an: harig.stipendium@kultur.saarland.de.

Bisherige Stipendiatinnen und Stipendiaten:

Verena Boos (Rottweil, Ludwig-Harig-Stipendium 2019)

Ihr Romanprojekt „Nonette (Arbeitstitel)“ zeichnet ein deutsch-deutsches Familien-Epos nach, das von Spanien bis nach Schlesien reicht und eineinhalb Jahrhunderte umspannt. Basierend auf der realen Geschichte einer elsässischen Familie spannt sich der erzählerische Bogen über die Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass-Rheinland-Pfalz. Analog zu Harigs Poetik der Erinnerung stellt sie nicht nur eine Familiengeschichte vor dem wechselvollen Hintergrund von Krieg und Verfolgung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar, sondern berührt auch aktuelle Themen wie den Ost-West-Konflikt oder die Arbeitsmigration in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts.

Dominik Bollow (Berlin, Ludwig-Harig-Stipendium 2020)

Der Autor entwickelt in seinem Romanprojekt „Die Launen der Ziege (Arbeitstitel)“ eine Geschichte, die das Schicksal einer saarländischen Familie schildert. Diese verlässt nach Saarabstimmung 1955 und Anschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik ihre vertraute Heimat und beginnt in Algerien und Marokko ein neues Leben– wie so viele Saarländer in den 1950er Jahren, die weit jenseits der Grenzen ihrer alten Heimat eine neue suchten. Bollow entwirft dabei eine Erzählung, deren zentrale Frage – wie verändern sich Menschen, die über bisher bekannte Grenzen hinausgehen und in einem völlig fremden Umfeld neu beginnen möchten – auch im 21. Jahrhundert eine ungebrochene Aktualität besitzt.

Martina Kieninger (Montevideo/Stuttgart, Ludwig-Harig-Stipendium 2021)

Mit dem Ludwig-Harig-Stipendium wird aktuell die Arbeit des Projekts „Rimbauds Holzbein oder Die große Schlacht von Saarbrücken“. Kieninger widmet sich sprachspielerisch und sprachschöpfend einem eindrucksvollen literarischen Experiment und wendet sich damit stark der Poetik Harigs zu. Spannend und dabei als Alleinstellungsmerkmal von Kieninger ist die enge Verbindung von Fragestellungen der Natur- und Technikwissenschaften – Chemie und Informatik – zu solchen der Ästhetik und genauer noch der Poetik. In ihrem unterstützten Projekt verbindet sie auf raffinierte Weise Verfahren der konkreten Poesie und Stuttgarter Schule mit der Narrativik und rekurriert auch – implizit – auf die Entwicklung der Harigschen Poetik (vom Sprachspiel zum autobiographischen Erzählen).

Gisela Hinsberger und Bernd Nixdorf (Aachen/Saarbrücken, Ludwig-Harig-Stipendium 2022)

Gisela Hinsberger verfolgt mit ihrem literarischen Projekt „Montblanc“ einen Roman im Spannungsfeld machtgesellschaftlicher Strukturen und individueller Freiheit und Selbstverwirklichung. Der schwierige Aufstieg des Protagonisten aus der Enge eines saarländischen Dorfes in das Universitätsmilieu steht dabei im Mittelpunkt. Trotz universitären Erfolgs kann Martin die Eierschalen seiner Herkunft nicht abstreifen. Auf mehreren Zeitebenen spielend erzählt der Roman die Geschichte glaubwürdig, stilistisch überzeugend und nachvollziehbar; dies gilt auch für die Figur der Hauptperson. Die regionale Verortung im St. Wendeler Raum ist geschickt dargestellt, ebenso die Atmosphäre einer saarländischen Dorfgesellschaft wie auch das akademisch-intellektuelle Milieu eines universitären Instituts.“ 

Bernd Nixdorf kündigt mit einem gelungenen assoziativen Ansatz ein starkes Projekt über einen Kunstfälscher an – „Hoppers letztes Idyll“. An verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten spielt sein literarisches Konzept mit unterschiedlichen Paaren aus Geschichte und Literatur. Im Themengegensatz Realität und eigenes reales Empfinden entwickelt der Autor ein ganz eigenes Narrativ, seine Notizen aus und über eine psychiatrische Anstalt sind ebenso spannend wie verschieden in Stil und Herangehensweise. Nixdorf entwickelt mit „Hoppers letztes Idyll“ ein vielversprechendes Konzept auch zum gesellschaftlichen Diskurs über den individuellen Sinn des Lebens.“

Natalie Buchholz (Schiltigheim, Ludwig-Harig-Stipendium 2023)

Natalie Buchholz begibt sich mit dem deutsch-französischen Romanentwurf mit dem Arbeitstitel „Das Kamel“ auf Spurensuche in der Geschichte einer – nach außen hin intakten – tatsächlich aber bis in die Grundfesten erschütterten bürgerlichen, ja großbürgerlichen Familie. Diese kultiviert und verbreitet den schönen Schein über ihr in der Realität reichlich trübes tatsächliches (Da-)Sein. Buchholz findet dafür eine Sprache, die zwischen realistischer Lakonie, ironischen Untertönen und bisweilen humoristischen Digressionen changiert, um damit auch – in mehrfachem Sinne – an die Poetik Harigs anzuknüpfen. Das neue Projekt gräbt nun noch tiefer in einer Familiengeschichte, die die private Geschichte mit der großen Historie zu verbinden verspricht und erneut das Harigsche Erzählprojekt (etwa in „Ordnung ist das ganze Leben“) aufgreift und weiterschreibt.“

Esther Vorwerk (Berlin/Bern, Ludwig-Harig-Stipendium 2024)

Esther Vorwerks Manuskript mit dem Arbeitstitel “Ich will nicht schuld sein” verspricht ein spannender und bedeutender Roman zu werden. Inhaltlich behandelt der Text eine transgenerationelle Familiengeschichte, die von mehrfachen Traumata (Gewalt in der Ehe, Vergewaltigung, Mord an einem Kind) geprägt bzw. belastet ist. Es geht um die Zeit des Nationalsozialismus, um Fragen von Schuld und Verantwortung. Und um das Schweigen darüber, auch in ihrer Familie. Die Autorin untersucht die Verflechtungen von Gewalt und Leid und stellt Überlegungen über die heute angemessene Sprache dafür an. Besonders beeindruckend stellt sich dar, wie die Autorin das Romangeschehen mit dem Penthesilea-Mythologem einerseits und dem Kleist’schen “Penthesilea”-Drama andererseits verknüpft.“

paula van well (Neuwied, Ludwig-Harig-Stipendium 2025)

„In rückwärtsgewandten Zeiten, in denen längst überwunden geglaubten Machtgefällen wieder das Wort geredet wird, ist die Stimme eine:r paula van well kostbar und dringlich zugleich. paulas virtuoses Spiel mit der Sprache, ebenso durchdacht wie spontan, seziert menschliche Beziehungen, allein durch präzise Beobachtung. paula erzählt von Gewalterfahrungen, die transgenerationell weitergegeben werden und fragt danach, welche Auswirkungen das auf die Nachkommenden hat. paula van well teilt Ludwig Harigs Liebe zum präzis-spielerischen Umgang mit Sprache ebenso unverkennbar wie gekonnt und ist ein vielversprechendes Talent, die starke Stimme einer jungen Generation, die gehört werden muss.“

https://www.saarland.de/mbk/DE/aktuelles/medieninformationen/2025/11/251114-pm-ausschreibung-ludwig-harig

 

 

 

Ludwig Harig

Ludwig Harig

Ludwig Harig – Der große Erzähler aus dem Saarland

Ludwig Harig

Ludwig Harig gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen des Saarlandes. Kaum ein anderer Autor hat die Region mit seinen Werken so nachhaltig geprägt – sowohl im literarischen Diskurs als auch im kollektiven Selbstverständnis der Saarländerinnen und Saarländer. Mit seinen autobiografisch geprägten Romanen, seiner Experimentierfreude in der Sprache und der ironisch-hintergründigen Hommage an seine Heimat wurde Harig zu einer Identifikationsfigur – und zugleich zu einem literarischen Brückenbauer zwischen Region und Welt.

Geboren wurde Harig 1927 im Bergmannsort Sulzbach als Sohn eines selbstständigen Malers und Anstreichers. Trotz eines vorübergehenden Umzugs nach Dudweiler blieb Sulzbach bis zu seinem Tod 2018 sein Lebensmittelpunkt.

Harigs Weg führte ihn 1941 in eine nationalsozialistische Lehrerbildungsanstalt – eine Zeit, die er später schonungslos reflektierte, etwa in seinem Roman Wer mit den Wölfen heult, wird Wolf (1996). 

Nach dem Krieg absolvierte er die Lehrerausbildung im Saarland und unterrichtete schließlich in Dirmingen und Friedrichsthal. 1957 heiratete er die Lehrerin Brigitte Gottschall.

Bereits in den 1950er Jahren begann Harigs literarische Tätigkeit. Besonders im Umfeld der „Stuttgarter Schule“ rund um Max Bense wurde er mit experimenteller Prosa und Konkreter Poesie bekannt. Parallel dazu etablierte er sich als Hörspielautor und trug wesentlich zur Entwicklung des „Neuen Hörspiels“ bei – etwa mit seiner vielbeachteten Collage Staatsbegräbnis (1969).

Doch es war der Wechsel zum erzählenden Schreiben, der Harig den großen Durchbruch brachte. Mit dem Roman Ordnung ist das ganze Leben (1986), einer eindringlichen Auseinandersetzung mit der Vaterfigur, rückte er endgültig ins Zentrum der deutschen Gegenwartsliteratur. Es folgten weitere autobiografisch grundierte Werke wie Weh dem, der aus der Reihe tanzt (1990) und Und wenn sie nicht gestorben sind (2002), in denen Harig Kindheit, Krieg, Schuld und Sprache reflektiert.

Sein Werk ist durchdrungen von einem Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion, mit Erinnerungen und Erfindungen. „Nichts ist wahr als das Selbstempfundene“, schrieb er – und zeigte sich damit als Vertreter einer höchst subjektiven, dabei aber universell berührenden Erzählkunst.

Legendär ist Harigs ironisch-verklärte Liebeserklärung an das Saarland: In Die Saarländische Freude (1977) beschreibt er den Saarländer als Idealfigur – voller „Lummerkeit“ und innerem Gleichgewicht. Literaturkritiker und Leser lasen darin nicht nur ein augenzwinkerndes Heimatbuch, sondern auch ein Plädoyer für das Stolzsein auf das Eigene – ohne sich der Welt zu verschließen.

Harig war ein vielfach ausgezeichneter Autor. Zu seinen Ehrungen zählen renommierte Literaturpreise ebenso wie das saarländische Kunstpreis-Portfolio. Ab 1974 lebte er als freier Schriftsteller. Mit zunehmendem Alter zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück; sein letzter veröffentlichter Text erschien 2012.

Posthum wurde Harig mit verschiedenen Initiativen gewürdigt: Seit 2019 vergibt das saarländische Kulturministerium das „Ludwig-Harig-Stipendium“. In Sulzbach wurde der Platz hinter dem Rathaus in „Ludwig Harig Forum“ umbenannt – ein Ort der Erinnerung an einen Autor, der wie kaum ein anderer Heimat und Literatur miteinander zu verbinden wusste.

Der Spiegel-Journalist Nils Minkmar formulierte es so: „Sein Werk ist immer aktueller geworden.“ Harigs Literatur stellt Fragen, die auch heute drängend sind: Wie lässt sich Heimat beschreiben, ohne in Heimatkitsch zu verfallen? Wie kann man das Eigene lieben, ohne das Fremde zu verachten? 

Ludwig Harig hat darauf mit Sprache geantwortet – und mit der Kraft seiner Vorstellung.