Ludwig Harig

Ludwig Harig

Ludwig Harig – Der große Erzähler aus dem Saarland

Ludwig Harig

Ludwig Harig gilt als eine der wichtigsten literarischen Stimmen des Saarlandes. Kaum ein anderer Autor hat die Region mit seinen Werken so nachhaltig geprägt – sowohl im literarischen Diskurs als auch im kollektiven Selbstverständnis der Saarländerinnen und Saarländer. Mit seinen autobiografisch geprägten Romanen, seiner Experimentierfreude in der Sprache und der ironisch-hintergründigen Hommage an seine Heimat wurde Harig zu einer Identifikationsfigur – und zugleich zu einem literarischen Brückenbauer zwischen Region und Welt.

 

Geboren wurde Harig 1927 im Bergmannsort Sulzbach als Sohn eines selbstständigen Malers und Anstreichers. Trotz eines vorübergehenden Umzugs nach Dudweiler blieb Sulzbach bis zu seinem Tod 2018 sein Lebensmittelpunkt.

Harigs Weg führte ihn 1941 in eine nationalsozialistische Lehrerbildungsanstalt – eine Zeit, die er später schonungslos reflektierte, etwa in seinem Roman Wer mit den Wölfen heult, wird Wolf (1996). 

Nach dem Krieg absolvierte er die Lehrerausbildung im Saarland und unterrichtete schließlich in Dirmingen und Friedrichsthal. 1957 heiratete er die Lehrerin Brigitte Gottschall.

Bereits in den 1950er Jahren begann Harigs literarische Tätigkeit. Besonders im Umfeld der „Stuttgarter Schule“ rund um Max Bense wurde er mit experimenteller Prosa und Konkreter Poesie bekannt. Parallel dazu etablierte er sich als Hörspielautor und trug wesentlich zur Entwicklung des „Neuen Hörspiels“ bei – etwa mit seiner vielbeachteten Collage Staatsbegräbnis (1969).

Doch es war der Wechsel zum erzählenden Schreiben, der Harig den großen Durchbruch brachte. Mit dem Roman Ordnung ist das ganze Leben (1986), einer eindringlichen Auseinandersetzung mit der Vaterfigur, rückte er endgültig ins Zentrum der deutschen Gegenwartsliteratur. Es folgten weitere autobiografisch grundierte Werke wie Weh dem, der aus der Reihe tanzt (1990) und Und wenn sie nicht gestorben sind (2002), in denen Harig Kindheit, Krieg, Schuld und Sprache reflektiert.

Sein Werk ist durchdrungen von einem Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion, mit Erinnerungen und Erfindungen. „Nichts ist wahr als das Selbstempfundene“, schrieb er – und zeigte sich damit als Vertreter einer höchst subjektiven, dabei aber universell berührenden Erzählkunst.

Legendär ist Harigs ironisch-verklärte Liebeserklärung an das Saarland: In Die Saarländische Freude (1977) beschreibt er den Saarländer als Idealfigur – voller „Lummerkeit“ und innerem Gleichgewicht. Literaturkritiker und Leser lasen darin nicht nur ein augenzwinkerndes Heimatbuch, sondern auch ein Plädoyer für das Stolzsein auf das Eigene – ohne sich der Welt zu verschließen.

Harig war ein vielfach ausgezeichneter Autor. Zu seinen Ehrungen zählen renommierte Literaturpreise ebenso wie das saarländische Kunstpreis-Portfolio. Ab 1974 lebte er als freier Schriftsteller. Mit zunehmendem Alter zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück; sein letzter veröffentlichter Text erschien 2012.

Posthum wurde Harig mit verschiedenen Initiativen gewürdigt: Seit 2019 vergibt das saarländische Kulturministerium das „Ludwig-Harig-Stipendium“. In Sulzbach wurde der Platz hinter dem Rathaus in „Ludwig Harig Forum“ umbenannt – ein Ort der Erinnerung an einen Autor, der wie kaum ein anderer Heimat und Literatur miteinander zu verbinden wusste.

Der Spiegel-Journalist Nils Minkmar formulierte es so: „Sein Werk ist immer aktueller geworden.“ Harigs Literatur stellt Fragen, die auch heute drängend sind: Wie lässt sich Heimat beschreiben, ohne in Heimatkitsch zu verfallen? Wie kann man das Eigene lieben, ohne das Fremde zu verachten? 

Ludwig Harig hat darauf mit Sprache geantwortet – und mit der Kraft seiner Vorstellung.

Bisherige Stipendiant:innen

Bisherige Stipendiant:innen

Seit 2019

Ludwig-Harig-Stipendium

In Gedenken an einen herausragenden Autor der deutschsprachigen Literatur und zur Würdigung des bedeutenden Lebenswerks des saarländischen Schriftstellers Ludwig Harig vergibt das Ministerium für Bildung und Kultur (MBK) das Ludwig-Harig-Stipendium. Dieses Stipendium dient als Reise- und Recherchestipendium für aufstrebende Schriftsteller:innen.

Die Stipendiatin 2024: Esther Vorwerk

Verena Boos (Rottweil, Ludwig-Harig-Stipendium 2019)

Ihr Romanprojekt „Nonette (Arbeitstitel)“ zeichnet ein deutsch-deutsches Familien-Epos nach, das von Spanien bis nach Schlesien reicht und eineinhalb Jahrhunderte umspannt. Basierend auf der realen Geschichte einer elsässischen Familie spannt sich der erzählerische Bogen über die Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass-Rheinland-Pfalz. Analog zu Harigs Poetik der Erinnerung stellt sie nicht nur eine Familiengeschichte vor dem wechselvollen Hintergrund von Krieg und Verfolgung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar, sondern berührt auch aktuelle Themen wie den Ost-West-Konflikt oder die Arbeitsmigration in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts.

Dominik Bollow (Berlin, Ludwig-Harig-Stipendium 2020)

Der Autor entwickelt in seinem Romanprojekt „Die Launen der Ziege (Arbeitstitel)“ eine Geschichte, die das Schicksal einer saarländischen Familie schildert. Diese verlässt nach Saarabstimmung 1955 und Anschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik ihre vertraute Heimat und beginnt in Algerien und Marokko ein neues Leben– wie so viele Saarländer in den 1950er Jahren, die weit jenseits der Grenzen ihrer alten Heimat eine neue suchten. Bollow entwirft dabei eine Erzählung, deren zentrale Frage – wie verändern sich Menschen, die über bisher bekannte Grenzen hinausgehen und in einem völlig fremden Umfeld neu beginnen möchten – auch im 21. Jahrhundert eine ungebrochene Aktualität besitzt.

Martina Kieninger (Montevideo/Stuttgart, Ludwig-Harig-Stipendium 2021)

Mit dem Ludwig-Harig-Stipendium wird aktuell die Arbeit des Projekts „Rimbauds Holzbein oder Die große Schlacht von Saarbrücken“. Kieninger widmet sich sprachspielerisch und sprachschöpfend einem eindrucksvollen literarischen Experiment und wendet sich damit stark der Poetik Harigs zu. Spannend und dabei als Alleinstellungsmerkmal von Kieninger ist die enge Verbindung von Fragestellungen der Natur- und Technikwissenschaften – Chemie und Informatik – zu solchen der Ästhetik und genauer noch der Poetik. In ihrem unterstützten Projekt verbindet sie auf raffinierte Weise Verfahren der konkreten Poesie und Stuttgarter Schule mit der Narrativik und rekurriert auch – implizit – auf die Entwicklung der Harigschen Poetik (vom Sprachspiel zum autobiographischen Erzählen).

Gisela Hinsberger und Bernd Nixdorf (Aachen/Saarbrücken, Ludwig-Harig-Stipendium 2022)

Gisela Hinsberger verfolgt mit ihrem literarischen Projekt „Montblanc“ einen Roman im Spannungsfeld machtgesellschaftlicher Strukturen und individueller Freiheit und Selbstverwirklichung. Der schwierige Aufstieg des Protagonisten aus der Enge eines saarländischen Dorfes in das Universitätsmilieu steht dabei im Mittelpunkt. Trotz universitären Erfolgs kann Martin die Eierschalen seiner Herkunft nicht abstreifen. Auf mehreren Zeitebenen spielend erzählt der Roman die Geschichte glaubwürdig, stilistisch überzeugend und nachvollziehbar; dies gilt auch für die Figur der Hauptperson. Die regionale Verortung im St. Wendeler Raum ist geschickt dargestellt, ebenso die Atmosphäre einer saarländischen Dorfgesellschaft wie auch das akademisch-intellektuelle Milieu eines universitären Instituts.“

Bernd Nixdorf kündigt mit einem gelungenen assoziativen Ansatz ein starkes Projekt über einen Kunstfälscher an – „Hoppers letztes Idyll“. An verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten spielt sein literarisches Konzept mit unterschiedlichen Paaren aus Geschichte und Literatur. Im Themengegensatz Realität und eigenes reales Empfinden entwickelt der Autor ein ganz eigenes Narrativ, seine Notizen aus und über eine psychiatrische Anstalt sind ebenso spannend wie verschieden in Stil und Herangehensweise. Nixdorf entwickelt mit „Hoppers letztes Idyll“ ein vielversprechendes Konzept auch zum gesellschaftlichen Diskurs über den individuellen Sinn des Lebens.“

Natalie Buchholz (Schiltigheim, Ludwig-Harig-Stipendium 2023)

Natalie Buchholz begibt sich mit dem deutsch-französischen Romanentwurf mit dem Arbeitstitel „Das Kamel“ auf Spurensuche in der Geschichte einer – nach außen hin intakten – tatsächlich aber bis in die Grundfesten erschütterten bürgerlichen, ja großbürgerlichen Familie. Diese kultiviert und verbreitet den schönen Schein über ihr in der Realität reichlich trübes tatsächliches (Da-)Sein. Buchholz findet dafür eine Sprache, die zwischen realistischer Lakonie, ironischen Untertönen und bisweilen humoristischen Digressionen changiert, um damit auch – in mehrfachem Sinne – an die Poetik Harigs anzuknüpfen. Das neue Projekt gräbt nun noch tiefer in einer Familiengeschichte, die die private Geschichte mit der großen Historie zu verbinden verspricht und erneut das Harigsche Erzählprojekt (etwa in „Ordnung ist das ganze Leben“) aufgreift und weiterschreibt.“

Esther Vorwerk (Oldenburg / Berlin, Ludwig-Harig-Stipendium 2024)

„Ich will nicht schuld sein“, so heißt der Romanentwurf der Autorin Esther Vorwerk. „Mit Esther Vorwerk hat die Jury eine Autorin gekürt, die sich in ihrem Text an eine transgenerationelle Familiengeschichte heranwagt, die von mehrfachen Traumata geprägt und belastet ist. Es geht um die Zeit des Nationalsozialismus, um Fragen von Schuld und Verantwortung. Und um das Schweigen darüber auch in ihrer Familie. Das klingt vielversprechend und ich freue mich darauf, bald mehr von Esther Vorwerk lesen zu können“, so Kulturministerin Christine Streichert-Clivot

Text: https://www.saarland.de/mbk/DE/aktuelles/medieninformationen/2023/12/PM_231205-ausschreibung-ludwig-harig-stipendium

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Ludwig-Harig-Stipendium 2024 geht an Esther Vorwerk

Ludwig-Harig-Stipendium 2024 geht an Esther Vorwerk

Einzigartige Zielsetzung

Das Ludwig-Harig-Stipendium 2024 wird an Esther Vorwerk verliehen

Das Ludwig-Harig-Stipendium 2024, das mit 10.000 Euro dotiert ist, wird in diesem Jahr von der Ministerin für Bildung und Kultur (MBK) an die talentierte Autorin Esther Vorwerk verliehen. Ihr literarisches Projekt mit dem Titel „Ich will nicht schuld sein“ erhält durch dieses Stipendium wertvolle Unterstützung. Die MBK fördert damit die kreativen Bestrebungen von Autorinnen und Autoren, die ihre literarischen Visionen verwirklichen möchten. Kulturministerin Christine Streichert-Clivot lobt die Entscheidung der Jury: „Esther Vorwerk ist eine herausragende Autorin, die mit ihrem ambitionierten und vielversprechenden Projekt auf sich aufmerksam macht. Wir werden mit Sicherheit noch viel von ihr hören und lesen.“ Die feierliche Verleihung des Stipendiums findet am 4. November 2024 um 18:00 Uhr im Saarländischen Künstlerhaus, Karlstr. 1, in Saarbrücken statt.

Veranstaltungen

Gründungsfest Ludwig-Harig-Gesellschaft e. V.

Der Vorstand der Ludwig-Harig-Gesellschaft informiert über das Vorhaben und lädt Interessierte zum Mitmachen und zur Teilnahme ein.
Herzlich Willkommen!

5. Juni.2025

Kostenloser Eintritt

Aktuelle Ankündigungen

Neuigkeiten der Ludwig-Harig-Gesellschaft

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